Gottfried Grasser: Pilot in der deutschen Formel 3

In der Box des Formel 3-Team Ghinzani angekommen - draußen war wirklich grausliches Wetter - fragten wir schüchtern nach Gottfried Grasser. Die Freunde vom Paddock-Club-Steinfurt, die leider nicht hier sein konnten, hatten schon vor längerem Kontakt zu ihm aufgenommen - so nützen wir die Gelegenheit, um einen Blick hinter die Kulissen der Formel 3 zu werfen.

Zunächst jedoch gab's da ein Problem: Wo eigentlich war Gottfried ?

 Nicht nur wir suchten ihn, auch sein Ingenieur lief nervös durch die Box. Nach 10 Minuten kam er dann ganz unscheinbar mit seiner Freundin in die Box - von der Statue her würde man bei uns sagen "ein Hemd". Wir wollten uns natürlich nicht direkt auf ihn stürzen, sondern warteten bis ihm einer der Mechaniker sagte, daß da ein paar Leute stehen, die zu ihm wollten. Alles in der Box machte einen so professionellen Eindruck - man spürte schon, daß es hier um 'ne ganze Menge geht.

Nach 2 Minuten ging Gottfried dann direkt auf uns zu und begrüßte uns ganz herzlich. Als wir ihm dann erklärten, daß wir quasi als Vertretung für die Paddocks vorbei schauen würden, fand er das total nett. Überhaupt machte er einen herzlichen und offenen Eindruck - wir hatten nicht das Gefühl, lästig oder nervig zu sein.

Erstes Thema war natürlich das Zeittraining vom heutigen Morgen. Gottfried machte hier keinen sehr zufriedenen Eindruck "Wir haben ziemlich verwachst. Das ganze Wochenende läuft's irgendwie nicht !". Als 20. mit über vier Sekunden Rückstand auf die Spitze und vor allem natürlich, wenn die Teamkollegen vor einem liegen - Platz 6 für Jeffrey van Hooydonk und Platz 12 für Robert Doornbos - kann man nicht zufrieden sein. Seine Konzentration richtete sich schon auf die Testfahrten im belgischen Zolder und auf das nächste Rennen am Sachsenring. Richtig so, denn wie sich später herausstellte, wurden die Rennen am Nürburgring aufgrund des schlechten Wetters abgesagt.

        

Interessant war es von einem Formelfahrer zu erfahren, wie sich denn die neue  Mercedes-Arena so anfühlt. Im Zeittraining konnten wir beobachten wie sich Gottfried ein kleines Duell mit einem anderen Fahrer lieferte. Kennt er noch die Castrol S-Kurve aus seiner Formel König-Zeit, erzählt er uns, daß die jetzige Kurvenpassage doch stark an den Kurs von Magny-Cours erinnert. Nur eins ist nicht nur nach seiner Meinung klar: Weniger Startkarambolagen wird hier nicht geben und ob in den Kurven danach wirklich Überholmanöver zu sehen sein werden, bleibt offen. Bei seinem Duell fuhren die beiden auf jeden Fall so aus der Mercedes-Arena, wie sie rein gefahren waren.

Kamen wir als nächstes auf das Team Ghinzani zu sprechen. Da wir ja bereits vorher versehentlich in der Box der beiden Euro 3000 Series-Fahrzeuge gelandet waren, erstaunte uns der Aufwand, der auch für die drei Formel 3-Fahrzeuge betrieben wird. Jeder Fahrer hat seinen eigenen Ingenieur und zwei eigene Mechaniker, die den Wagen aufbauen.

Aber nicht nur das Team Ghinzani spielt für Gottfried eine wichtige Rolle - gibt es doch ein komplexes geschäftliches Gebilde aus Managern, Promotern und Sponsoren um den Fahrer. Ohne die entsprechenden Kontakte im Umfeld geht eben nix.

Zurück zum Rennsport und zu den Fahrzeugen:

Nach einer 1/4 Stunde fragten wir Gottfried, ob wir uns denn auch mal sein Auto etwas näher ansehen dürften: "Ja natürlich - gern !"

Die Formel 3-Fahrzeuge werden von jeden Team auf das Grundauto von Dallara - der F302 - aufgebaut. Die 2 Liter - 4 Zylinder Motoren kommen wahlweise von Opel oder wie für das Team Ghinazni von Honda-Mugen und bringen ca. 220 PS - etwaige Leistungsunterschiede bei den Motoren werden durch Lufteinlässe "Das ist der größte Schmarrn !" ausgeglichen -. 

Bei einem vorgeschriebenen Mindestgewicht von 550 kg mit Fahrer entspricht das einen Leistungsgewicht von 2,5 kg pro PS. Das hierbei Fliegkräfte von 3 G in Kurven und 4 G beim Bremsen aufkommen wundert dann nicht mehr. Überhaupt sind die Formel 3's in den Kurven nicht langsamer als die Formel 3000 und auch nicht als die Formel 1 - lediglich in Sachen Beschleunigung und Endgeschwindigkeit kann man nicht mithalten. Bei den heutigen "Eifel"-Bedingungen lieferten die Formel 3-Renner sogar die gleichen Rundenzeiten wie die der Formel 3000.

Wobei wir somit zum wichtigsten Punkt in der Formel 3 kommen: Chancengleichheit für alle Fahrer !

Das hört sich zunächst gut an, aber für manchen Fahrer sicher ein Dorn im Auge - das konnten wir auch bei Gottfried deutlich heraushören - denn jedwede Entwicklung am Auto und an der Aerodynamik ist stark limitiert und wird streng überwacht. Sogar die 8 Sätze Reifen - für jedes Training und Rennen je ein Satz Slicks und ein Satz Regenreifen - werden zwischen den Teams ausgelost. So ist es keine Seltenheit, daß sich beim Zeittraining oft mehr als zehn Fahrer in einer Sekunde befinden. Zeitabstände und Unterschiede wie in der Formel 1 sind in der Formel 3 unmöglich: "Ein Michael Schumacher würde sich schwer tun, so deutlich  herauszuragen wie in der Königklasse". Überhaupt scheint das Fahren in der Formel 3 ohne den ganzen technischen Kram - der sicher zur Formel 1 gehört - viel puristischer zu sein.

Sicher werden auch in der Formel 3 Daten gesammelt, aber eminent wichtig für die Abstimmung des Fahrzeugs ist die Kommunikation zwischen Fahrer, Ingenieur und Mechanikern. Funk und Einflußnahme von der Box gibt es hier nicht.

Nach einer guten 1/2 Stunde durften und wollten wir nicht länger wichtige Zeit stehlen - auch der Ingenieur von Gottfried zeigte auf die Uhr -. Noch mal ein Danke Schön für die Gastfreundlichkeit, ein Foto und dann ging's für uns aus der "schön warmen" Box wieder in den Nebel der Eifel.

Die Rennen aller Klassen wurden dann wie erwähnt ersatzlos gestrichen. Wir jedoch hatten Motorsport hautnah miterlebt.

 

Knatze, Kappa, Jojo und Gunna

 

p.s. Im Folgenden noch der Bericht aus dem Programmheft des Eifelrennen

"Basis für Unglaubliches"

Die Int. Deutsche Formel 3 ist in eine neue Ära gestartet.: mit neuen Monoposti, neuen Motoren, neuen Getrieben, neuem Punktesystem und seit Jahren erstmals wieder mit einer Amazone im Rudel der männlichen Draufgänger. Im 27. Jahr ihres Bestehens wartet die Formel 3 zudem mit einem hevorragenden Terminkalender auf. Sieben Veranstaltungen finden im Rahmen der DTM statt, in Hockenheim ist man zu Gast beim Formel 1-Grand Prix und am EuroSpeedway erstmals Partnerserie der Champ Cars. Zum Nürburgring lockt die Kombination der Championate Europäische Formel 3000 und deutsche Formel 3. Jeweils zqwi Rennen liefert man an zehn Wochenenden, immer im Sprint, stets am Limit, denn schon nach 80 km fällt die Zielflagge. Die Vergangenheit zeigt deutlich: nur der Sieg zählt, denn das Ziel ist für alle hoch gesteckt - die Formel 1. Wie hevorragend die Ausbildung in der höchsten deutschen Formelrennserie ist, belegen ihre ehemaligen Musterschüler. Fünf an der Zahl starten im aktuellen Formel 1-Feld, allen voran die beiden Schumacher-Brüder. Breiter, schneller, sichrer - so lautet die Beschreibung des neuen Dallara F302. Beispielsweise hält der Überrollbügel von oben einer 6-Tonnen-Belastung stand. Mindestens 550 Kilogramm wiegt das Auto inklusive des Fahrers. Sechs Gänge besitzen die Hewland-Getriebe, geschaltet wird sequenziell. Gut 210 PS leisten die 2-Liter-Vierzylinder und versprechen eine Spitze von rund 280 km/h. Die Nähe zur Formel 1 wird nicht zuletzt durch den neuen Wertungsmodus deutlich: auch in der Int. Deutschen Formel 3 - Meisterschaft wird der Sieg mit zehn Punkten belohnt. Meisterschaftspunkte gibt es demnach jetzt nur noch bis Platz sechs. Geblieben ist allerdings der Bonuspunkt für die Pole Position. Darüber hinaus zeichnen drei Sonderwertungen den besten Rookie, den häufigsten Sieger und den jeweils Trainingsschnellsten aus. Am Ende jedoch zählt nur der Meistertitel. Den nutzte Michael Schumacher 1990 als Basis für seine unglaubliche Karriere.

 

 

 

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