Anekdoten vom Nürburgring
1945 - 1954
1947
Eifel-Pokal-Rennen
17. August 1947
Mit Sack und Pack beim Rennen
Das Eifel-Pokal-Rennen auf der Südschleife war das
erste Rennen auf dem Nürburgring nach dem II. Weltkrieg. Der
Motorradfahrer Kurt Mansfeld behielt seinen Rucksack mit seinem gesamtem
Gepäck während des Rennens auf. Er war aus der "Sowjetisch Besetzte
Zon" mit einer DKW angereist. Trotz eines Sturzes belegte er den 5. Platz.
1951
XV. Int. ADAC Eifelrennen
3. Juni 1951
Zielflagge übersehen
Das vierte Rennen des Tages wurde bei strömenden Regen absolviert. Die Sportwagen bis 1500 und 2000 ccm
Hubraum standen am Start. In der 1500er Klasse ging es denkbar knapp zu. Franz
Hammernick siegte mit 4/10 Sekunden Vorsprung vor Baron Eberhard de Barry. Kurios: Franz
Hamernick übersah beim Zieleinlauf die schwarz-weiß karierte Flagge und fuhr "sein" Rennen
weiter. In dieser Runde blieb er mit Motorschaden liegen.
1952
XV. Großer Preis von Deutschland
3. August 1952
Der Mann mit der Pfeife
Sitzprobe von Mathilde Königs im Mercedes 300 SL
Es klingt unglaublich, aber es ist belegt. Beim Großen Preis auf dem Nürburgring
saß Felice Bonetto mit einer Pfeife am Steuer seines Sechszylinder-Maserati.
Nachahmer fand der Italiener indes nicht. Vielleicht lag es ja am frühen
Ausfall in der ersten Runde. Oder am sonnigen Gemüt des Maserati-Fahrers.
Nach dem Ausfall nahm er noch fremde Hilfe in Anspruch. Das ist verboten.
Felice Bonetto wurde disqualifiziert. Aber seine Pfeife raucht man auch
besser jenseits der Rennstrecke.
Das Jubiläum "25 Jahre Nürburgring" wurde mit einem attraktiven
Rahmenprogramm würdig gefeiert. Der Große Preis von Deutschland war nur
für Formel-2-Rennwagen ausgeschrieben. Dafür waren im Rahmenprogramm die
Mercedes 300 SL bei den Sportwagen gleich 4x am Start vertreten. Ohne
große Konkurrenz landeten (in dieser Reihenfolge) Hermann Lang
(Startnummer Nr. 21), Karl Kling (24), Fritz Riess (22) und Theo
Helfrich (23) einen Vierfachsieg, nachdem der einzige echte Verfolger,
der Franzose Manzon auf Gondini, ausgefallen war.
Im Training experimentierte Mercedes bei den 300 SL mit Kompressoren.
So ausgestattet wurden Rundenzeiten von 10 ½ Minuten gefahren. Die Vorkriegstechnik
der Kompressoren, ursprünglich u.a. in den SSK-Rennmotoren eingesetzt,
wurde wegen der Belastung der Zylinderkopfdichtungen dann im Rennen nicht verwendet.
Dafür gab es bei den Mercedes 300 SL sichtbare Veränderungen. Alle vier 300 SL fuhren
als "Spyder" mit abgeschnittenen Dächern, um einen besseren Überblick im
Kurvenlabyrinth der Nordschleife zu gewährleisten.
Mathilde Königs und ihre Freundin Schwanhilde waren in den 1950er Jahren im Restauraunt
"Altes Forsthaus" als Haushaltshilfe beschäftigt. In dem Mercedes 300 SL von Theo
Helfrich durften sie eine Sitzprobe machen. Die Mercedes-Crew war zu dieser
Zeit Stammgast im Restaurant "Altes Forsthaus".
Mathilde Königs und Freundin Schwanhilde bei der Sitzprobe im Mercedes 300 SL von Theo Helfrich.
Dieses Lächeln sagt alles!
Vielen Dank an Hildegard Hens für die Bilder von ihrer Mutter Mathilde Königs.
1953
XVI. Großer Preis von Deutschland
2. August 1953
Mit defekter Bremstrommel ins Ziel
Alberto Ascari führte in der 4. Runde den Großen Preis von Deutschland
mit seinem Formel-2-Ferrari vor Juan Manuel Fangio (Maserati) mit 42
Sekunden Vorsprung an. Am Ende der 4. Runde verlor Alberto Ascari auf
der Nürburg-Brücke bei voller Fahrt das rechte Vorderrad. Auf der
Bremstrommel rutschte er bis an die Box. Die Ferrari-Mechaniker
montierten innerhalb von 4 Minuten ein neues Rad und Alberto Ascari ging
an 10. Position liegend wieder ins Rennen.
Am Ende der 10. Runde hielt Ascari an der Box und stieg aus. Sein
Teamkollege Villoresi, der an 4. Stelle lag, wurde am Ende der 10. Runde
an die Box gewinkt. Er übergab seinen Wagen Ascari und fuhr selbst mit
dem Wagen von Alberto Ascari weiter. In der 12. Runde fuhr Ascari mit
9:56,0 km/h (= 137,8 km/h) die schnellste Zeit des Rennens. Allerdings
mutete er dabei dem Motor zuviel zu. In der 15. Runde gab der Wagen
deutliche Rauchzeichen von sich und Ascari stellte am Ende der Runde den
Rennwagen ab.
Mit dem Wagen von Ascari und der demolierten Bremstrommel beendete
Villoresi das Rennen als Achter.
Als Schauspieler ist mittendrin statt nur dabei
Der bekannte Schauspieler und Weltenbummler
Hardy Krüger senior war 1953 beim Großen Preis von Deutschland für
Filmarbeiten am Nürburgring. In dem Film „Muss man sich gleich scheiden
lassen“ spielte Hardy Krüger den Rennfahrer Andreas von Dörr. Um die
Geschichte des Rennfahrers richtig in Szene zu setzen, wurden
Filmaufnahmen am Nürburgring gemacht.
Der Film
Der Film beginnt mit einer Fahrt aus dem
Fahrerlager in die Boxenanlage. Hardy Krüger sitzt am Steuer eines
Veritas. Die Kamera fängt Szenen vom Startplatz ein. Hardy Krüger ist
u.a. von den Fahrern Alberto Ascari und Dr. Farina umgeben. Die Uhr am
Start- und Zielplatz zeigt 13:50 Uhr. Noch 10 Minuten bis zum Start zum
GP von Deutschland. Neben Hardy Krüger ist die Schauspielerin Ruth
Leuwerik zu sehen. Der Veritas-Rennwagen mit Hardy Krüger am Steuer
steht in der zweiten Startreihe ganz links. Im Vordergrund ist deutlich
Dr. Farina in seinem Wagen sitzend zu sehen. Dann kommt der Start. Es
handelt sich hierbei um den echten Start zum Großen Preis. Dem
aufmerksamen Beobachter fällt auf, dass der Veritas nicht mehr in der
zweiten Startreihe steht.
Szenenwechsel:
Mit einem Kamerawagen wird eine Runde um die
Nordschleife eingefangen. Hervorragende Aufnahmen von den legendären
Streckenabschnitten am Nürburgring. Während der Einführungsrunde wird
das Intro mit Filmtitel, Schauspielern, Regisseur, usw. eingeblendet.
Ausgangs der Karussells ist deutlich die alte
Fußgänger-Continental-Brücke zu sehen.
Szenenwechsel:
Hardy Krüger kommt an die Box gefahren. Die
Rennstrecke ist nass. Weiter geht es mit Ausschnitten aus dem Großen
Preis von Deutschland. Dazwischen ist immer wieder Hardy Krüger auf
Veritas zu sehen. Bei diesen Aufnahmen ist die Rennstrecke trocken.
Hardy Krüger wird in Großaufnahme in dem Cockpit sitzend gezeigt. Für
diese Aufnahmen fuhr ein Kamerawagen vorher. Die Szenen am Nürburgring
enden mit dem Unfall von Hardy Krüger. Als Unfallort wird der
Streckenabschnitt „Ex-Mühle“ genannt. Die Filmaufnahmen sind aber
offensichtlich an einem anderen Streckenabschnitt gedreht worden.
Wie ist es zu den Filmaufnahmen am Nürburgring gekommen?
Die Rennszenen mit Hardy Krüger zum GP von
Deutschland 1953 sind echt. Der Szenen wurden nicht nachträglich
geschnitten.
In einem Gespräch mit Hardy Krüger konnten diese
Fragen geklärt werden. Die Filmaufnahmen entstanden tatsächlich beim
Großen Preis. Hardy Krüger fuhr in dem Veritas im Training mit. Die
Rennteams und Fahrer hatten dazu ihre Einwilligung gegeben. Bevor Hardy
Krüger bei der Weltelite des Motorsports mitfahren durfte, absolvierte
er ein Fahrertraining mit Karl Kling. In einem Mercedes 300 SL erkundete
er als Beifahrer die Nordschleife. Karl Kling erklärte die einzelnen
Streckenabschnitte und Kurven und steigerte im Laufe der
Demonstrationsrunden immer mehr das Tempo. Diese Runden mit immer
höheren Geschwindigkeiten sind Hardy Krüger auch 54 Jahre nach den
Filmaufnahmen in bester Erinnerung geblieben. Karl Kling hatte vor den
Demorunden Blechdosen rund um die Nordschleife an den Fahrbahnrändern
aufgestellt. Diese Blechdosen markierten Brems- und Einlenkpunkte. Hardy
Krüger orientierte sich während seiner Runden im Veritas beim Training
zum Großen Preis an den Blechdosen. Vor dem Training wurden die Fahrer
instruiert, dass es sich bei dem Fahrer auf dem Veritas um einen Amateur
handelt und die Fahrer beim Überholen vorsichtiger zu Werke gehen
sollten.
Wie kam es zu den Filmszenen mit Hardy Krüger in
der Startaufstellung zum GP? Nach dem Training stellten sich alle Fahrer
mit ihren Wagen auf der Start- und Zielgeraden für die Filmaufnahmen
auf. Beim Start am Sonntag fehlte dann selbstverständlich der Veritas.
Für die Onboard-Aufnahmen mit Hardy Krüger in
Grossaufnahme (aufgenommen von einem vorausfahrenden Kamerawagen) wurde
der Film "unterdreht", d.h. die Filmszenen wurden langsamer aufgenommen.
Somit mussten auch die Lenkbewegungen von Hardy Krüger langsamer sein.
Für den Spielfilm wurden dann die Szenen mit normaler Geschwindigkeit
abgespielt, so dass "Renngeschwindigkeit" gezeigt werden konnte.
Vielen Dank an Hardy Krüger für die
ausführlichen Informationen zu diesen besonderen Aufnahmen am
Nürburgring. Danke auch an das Management, insbesondere Frau Schwarz,
die den Kontakt hergestellt hat. Das Gespräch mit Hardy Krüger senior
führte Burkhard Köhr.
Int. ADAC-1000-Kilometer-Rennen
30. August 1953
Lancia mit Startproblemen und eine Runde reicht
Das Lancia Team war als Favorit mit 3
Wagen zur ersten Ausgabe des Nürburgringklassikers angereist. Robert
Manzon und Piero Taruffi holten sich die Pole-Position mit ihrem Lancia
D24. In der 3. Runde fiel der erste Lancia mit Elektronikproblemen aus.
Die beiden anderen Lancia sprangen in der 15 Runde nach dem Boxenstopp
mit Fahrerwechsel nicht mehr an.
Hinter dem Siegerduo Alberto Ascari und Nino Farina beendeten Ian
Stewart und Roy Salvadori (Jaguar C-Type) das Rennen auf dem 2. Platz.
Sie benötigten für die 44 Runden 8:35 Stunden. Roy Salvadori fuhr den
ersten Turn und kam nach 3 Stunden zum Tanken und Fahrerwechsel an die
Box. Nach nur 1 Runde übergab jedoch Ian Stewart den Jaguar wieder an
seinen Teamkollegen. Ian Stewart war der Ring "zu anspruchsvoll"
(Zitat). So fuhr Roy Salvadori nach über 8 Stunden den Jaguar fast
alleine auf den 2. Platz. Teamarbeit sieht in Motorsport eigentlich
anders aus.
1954
Großer Preis von Europa
1. August 1954
"Axel Linther"
Das erste Rennen am Sonntag was das Rennen der Rennsportwagen
bis 1500 ccm Hubraum, Seriensportwagen und GT-Wagen bis 1600 ccm Hubraum und
Seriensportwagen und GT-Wagen bis 1300 ccm Hubraum. Der Start erfolgte um 10:30
Uhr für die Rennsportwagen. Die weiteren Klassen wurden mit jeweils 3 Minuten
Abstand gestartet.
Im Programmheft war bei den Seriensport- und GT-Wagen ein "Axel
Linther" genannt. Es handelte sich hierbei um Wolfgang Graf Berghe von Trips. Da
die Eltern von Wolfgang Graf Berghe von Trips die motorsportlichen Ambitionen
ihres Sohnes nicht unterstützten, hatte er sich das Pseudonym "Axel Linther"
ausgedacht. Allerdings folg der "Schwindel" schon am Ring auf, da die Eltern als
Zuschauer vor Ort waren.
Mercedes-Benz-Testfahrten
September 1954
Der Techniker ist schneller als die Rennfahrer-Crew
Im September 1953 hatte Mercedes-Benz die Nordschleife für Testfahrten
gemietet. Es wurde ein Rennwagen und ein 300 SLR in die Eifel
verfrachtet. Mercedes-Benz-Versuchschef Uhlenhaut ging als erstes mit
dem Rennwagen auf gezeitete Runden durch die Grüne Hölle und bewegte den
Boliden bis an die Grenzen des Möglichen. Die Uhr blieb bei 9:51 Minuten
stehen. Die Zeitnehmer wollten diese Zeit nicht glauben und Uhlenhaut
ging erneut den Kampf gegen die Uhr ein. Um keinen Fehler zu machen,
liefen 5 Stoppuhren mit. Die Uhren blieben dann bei 9:47,8 Minuten
stehen. Dies war die schnellste Runde, die bis dato in der
Nachkriegszeit auf dem Nürburgring gefahren wurde. Die schnellste Runde
stammte noch von Bernd Rosemeyer (Auto-Union) aus dem Jahre 1937 mit
9:46,2 Minuten.
Die Mercedes-Werksfahrer konnten nur neidisch auf die Zeit von Uhlenhaut
schauen. Hermann Lang fuhr auf dem SLK eine Zeit von 9:58 Minuten und
Hans Hermann kam auf eine Zeit von 9:55 Minuten.
Fazit: Zur Verstärkung der Rennfahrer-Crew sollte der Versuchschef
engagiert werden.