27. Internationales ADAC-Eifelrennen
26. April 1964
Bilder: Walter Kotauschek, Archiv P. Dasse, H-J Roegler
Nürburgring-Südschleife
Streckenlänge: 7,747 Kilometer
Premiere der neuen Formel 2 und Formel 3
Der Mann des Tages: Luigi Taverni
Die Südschleife des Nürburgrings war 1964 der Premiere-Ort für die Formel 2 und
Formel 3 als Nachfolger der Formel Junior. Für die Formel 3 war es der erste
Start auf einer Rundstrecke, für die Formel 2 der erste Start überhaupt. Diese
Premiere wollten sich viele Motorsportfans nicht entgehen lassen. Zur
Überraschung des Veranstalters waren 100.000 Zuschauer zur Südschleife gekommen.
In der Tagespresse wurden sogar 125.000 Zuschauer genannt. Und diese
Zuschauerzahlen wurden erreicht, obwohl an den Trainingstagen am Freitag und Samstag feuchtes und kaltes Wetter
herrschte. Am Renntag war es trocken und warm. Alle Rennen der Motorräder und
Rennwagen fanden am Sonntag statt. Das erste Rennen wurde um 11:00 Uhr
gestartet, das letzte Rennen um 17:30 Uhr.
Rennen 1: Motorräder bis 50 ccm Hubraum
Das Starterfeld von 13 Fahrer ging bei sonnigen Wetter ins
Rennen. Luigi Taveri übernahm sofort die Spitze. Die Verfolger Rudolf Kunz
(Kreidler) und Hans-Georg Anscheidt (Kreidler) fielen früh zurück bzw. aus.
Einzig Jan Huberts (Derby) konnte Luigi Taveri folgen. Allerdings hatte er
nach der 4. Runden schon einen Rückstand von über 50 Sekunden. In der fünften
Runde nahm Luigi Taverni der Konkurrenz nochmals 1 Minute ab und führte mit 2
Minuten Vorsprung. Sein Fahrstil begeisterte die Massen. Aber auch Rudolf Kunz
wusste zu gefallen. Nachdem er frühzeitig zurückgefallen war und einen Fehler
bei den Zündkerzen entdeckt hatte, startete er eine fulminante Aufholjagd.
Rudolf Kunz überholte einen Fahrer nach dem Anderen und konnte noch Peter Eser
(Honda) überholen. Lohn dieses tollen Rennens war der zweite Platz.
Überlegender Sieger im Rennen der 50 ccm Klasse: Luigi Taveri auf Kreidler.
Rennen 2: Motorräder bis 125 ccm Hubraum
Von den 36 Fahrern startete William Molloy
am schnellsten. Doch schon auf der Gegengeraden war Luigi Taveri an ihm vorbei.
Walter Scheimann setzte sich an die zweite Position. Mit immer schnelleren
Runden konnte Luigi Taveri sich von Walter Scheimann absetzen. Dabei fuhr er in
der vierten Runden einen neuen Rundenrekord. Hans-Georg Anscheidt kämpfte sich
nach einem bescheidenen Start nach vorne und griff den Zweitplatzierten Walter
Scheimann an. Doch ein Motorschaden warf ihn in der siebten Runde aus dem
Rennen. Mit deutlichem Vorsprung siegte Luigi Taveri.
Die 125er Klasse in Richtung Streckenabschnitt Aschenschlag.
Rennen 3: Motorräder bis 250 ccm Hubraum
Dritter Start und dritter Sieg. Luigi Taveri setzte auch in
der Klasse bis 250 ccm Maßstäbe und fuhr erneut einen neuen Rundenrekord. Mit
fast 2 Minuten Vorsprung siegte Luigi Taveri und deklassierte die Konkurrenz.
Aus deutscher Sicht war der zweite Platz von Günter Beer erfreulich. Zuvor
musste er sich mehrfach den Angriffen von Trevor Colin Barnes erwähren. Negativ
war die hohe Ausfallquote von fast 50 %. Von 47 Fahrern erreichten nur 24 das
Ziel.
#124 Albert Hund, NSU
#134 Erich Pindris, NSU
#118 Wilhelm Burkert, Adler
#121 Kurt Guthier, Honda
#130 Lothar Luhr, Adler
#116 Günter Beer, Adler
Rennen 4: Motorräder bis 350 ccm Hubraum
Das Rennen des Tages. Karl Hoppe kam von den
30 Startern am besten weg. Auf der Gegengeraden lagen 4 Fahrer im Windschatten:
Karl Hoppe vor Mike Duff, Heiner Butz und Rudolf Thalhammer. In den ersten 4
Runden gab es herrliche Positionswechsel in dieser Spitzengruppe. In der fünften
Runde stürzte Rudolf Thalhammer (Norton) in der Bocksbergkurve und riss den
doppelten Drahtzaun teilweise nieder. Heiner Butz und Mike Duff konnten sich
durch den Sturz von Rudolf Thalhammer etwas absetzen. In der 10 Runde überholte
Heiner Butz in der Bergab-Passage zu Müllenbach Mike Duff und fuhr bis zum
Streckenabschnitt Scharfer Kopf einen Vorsprung von ca. 50 Metern heraus. In der
folgenden schnellen Linkskurve, der die lange Gerade unter die Brücken und der
Gegengerade folgte, wollte Mike Duff verlorenes Terrain gutmachen und kam dabei
zu Fall. Mike Duff blieb mit dem Gesicht im Wasser des Streckengrabens liegen
und verlor das Bewusstsein. Zuschauer zogen ihn aus den Graben und retteten ihm
vermutlich das Leben. Von einem Streckenposten gab es für die Hilfeaktion der
Zuschauer nur Ermahnungen. Mike Duff lag drei Tage im Koma. Heiner Butz fuhr
einen klaren Sieg nach Hause. Währenddessen gab es im Mittelfeld hitzige
Positionskämpfe. Dabei zeigte Manfred Zeller eine tolle Leistung und fuhr von
Position 11 auf den vierten Platz vor.
#59 Rudolf Thalhammer, Maltry
#52 Vernon Cottle, AJS
#62 Ian Burne, AJS
#58 Peter Smolik, Norton
Rennen 5: Motorräder bis 500 ccm Hubraum
Nach dem Start setzen sich Gyula Marsovsky und Roland Foell an
die Spitze. Es folgten Walter Scheimann, Jack Ahearn und Billie Nelson. In der
fünften Runde überholte Jack Ahearn Walter Scheimann, der immer weiter
zurückfiel. Bei ihm war das Bremsgestänge des Hinterrades gebrochen, so dass nur
noch die Vorderradbremse zur Verfügung stand. Im Laufe des Rennens wurde die
Bremswirkung der Vorderradbremse immer geringer. Der Deutsche Ernst Hiller
konnte nach einem schlechten Start einige Plätze gutmachen und beendete das
Rennen auf dem sechsten Platz. Sieger wurde der Schweizer Gyula Marsovsky.
Anfahrt Streckenabschnitt Aschenschlag
Vor der Rechtskurve ist das "Esso"-Kilometer-Schild zu erkennen. Das
Schild stand bei Kilometer 2.
Rennen 6: Motorräder mit Seitenwagen
Bei den 24 Gespannen übernahmen Florian Camathias und Roland
Foell die Führung vor Max Deubel und Emil Hörner. Das Führungsduo lag rundenlang
dicht beisammen, Deubel/Hörner immer im Windschatten von Camathias/Foell. In der
siebten Runde hatten Max Deubel und Emil Hörner Pech beim Überrunden. Während
Florian Camathias und Roland Foell das Trio Toni Schmitz/Karl Peters, Gert
Selbmann/Rolf Müller und John und Catherine Tickle mit einem Ritt über den
Seitenstreifen überholen konnten, blieben Max Deubel und Emil Hörner im Verkehr
stecken und verloren den Anschluss an die Führenden. In der letzten Runde fuhren
Camathias/Foell die schnellste Runde des Rennes und siegten mit 5 Sekunden
Vorsprung vor Max Deubel und Emil Hörner.
Barry John Thompson und John Turner vor Arsenius Butscher und Wolfgang Kalauch.
Arsenius Butscher und Wolfgang Kalauch belegten den 6. Platz.
Harald Wohlfahrt und Jürgen Oday (BMW)
Barry John Thompson und John Turner (Norton)
Gert Selbmann und Rolf Müller (BMW)
Geoff Payne und Edwin Randall (Norton)
Florian Camathias und Alfred Herzig (Gilera) siegten bei den Motorrädern mit Seitenwagen.
Mit der Startnummer 9 liegen die Engländer John und
Catherine Tickle (Norton) vor den Deutschen Gert Selbmann und Rolf Müller
(BMW - Startnummer 34).
Siegfried Schauzu und Horst Schneider (BMW) kamen als Siebte ins Ziel.
Heinz Lutheringshausen und Horst Knopp (BMW)
Ludwig Hahn und Heinz Schäfer (BMW)
Fred und Josef Huber (BMW)
Toni Schmitz und Karl Peters
Ray Pollard und Don Brooks (BMW)
Alex Ludwig und Siegfried Bühler (BMW)
Max Deubel und Emil Hörner (BMW) fuhren auf den 2. Platz.
Fritz Scheidegger und John Robinson (BMW) konnten als Drittplatzierte das Siegertreppchen erklimmen.
Georg Auerbacher und Benno Heim (BMW) belegten den 5. Platz.
August Wolf und Werner Zielaff (BMW)
Otto Kölle und Heinz Marquardt (BMW) überquerten als Vierte die Ziellinie.
Streckenabschnitt Bränke Kopf
# 15 Florian Camathias / Alfred Herzog, Gilera
# 1 Max Deubel / Emil Hörner, BMW
Rennen 7: Formel 3
Für das Formel 3-Rennen waren 45 Nennungen eingegangen. Allerdings waren
viele Wagen schlecht vorbereitet, so dass sie entweder bei der Abnahme
scheiterten oder im Training strandeten. Schließlich standen 24 Wagen am
Start. Die Pole-Position belegte mit einer Zeit von 3:19,0 Minuten zur
großen Überraschung aller Teilnehmer der Augsburger Albert Achinger mit
einem älteren Lotus. Hier hatte es wohl einen Fehler bei der Zeitnahme
gegeben, der aber nicht korrigiert wurde. Die Pole-Zeit von Albert
Achinger war 10 Sekunden schneller als von dem Zweitplazierten Jean Claude
Franck. Albert Achinger schied im Rennen schon in der ersten Runde in der
Nordkehre aus.
Beim Start schossen sofort Jean Claude Franck und Jacques Bernusset in Führung,
gefolgt von John Ampt und Piers Courage. Piers Courage legte in den ersten
Runden ein hohes Tempo vor und konnte John Ampt und Jean Claude Franck
überholen und übernahm die Führung. Jacques Bernusset schied am Anfang der
ersten Runde aus. In der vierten Runde übernahm wieder Jean Claude Franck die
Führung. Zur Hälfte des Rennens hatten sich die Reihen auf der Rennstrecke
gelichtet, umso mehr Monoposto parkten an den Boxen. Dann erhöhte John Ampt das
Tempo und setzte sich in der 8. Runde an die Spitze des Feldes, im Windschatten
folgte Jean Claude Franck. In der letzten Runde startete Jean Claude Franck
einen Angriff, überholte John Ampt und gab die Führung bis ins Ziel nicht wieder
her. Piers Courage, an dritter Stelle liegend, schied kurz vor dem Ziel aus. Als
bester Deutscher fuhr Josef Hecht auf den 4. Platz. Elf Wagen erreichten in
Wertung das Ziel.
Start zum Rennen der Formel 3 über 12 Runden auf der Südschleife.
"Müller Franz" (Lotus) Startnummer 51 und Jonathan Williams
(Lotus) mit der Startnummer 60.
Jonathan Williams kam als Dritter auf das Siegerpodest.
John Harwood (U2) kam bei den Formel-3-Rennern auf den 6. Platz.
Josef Hecht (Lola)
Alain Jamar (Cooper) fuhr auf den 5. Platz.
Jones Chuck schied mit seinem Lola nach Unfall aus.
Roland Binder (Lotus)
Willy Vroomen (Auto-Union)
Theo Harzheim (Cooper) belegte den 9. Platz.
Paul Deetens (Cooper)
Pole-Setter Albert Achinger (Lotus) kam schon am Ende der
ersten Runde in der Nordkurve von der Strecke ab und schied aus.
Theo Harzheim (Cooper) in der Einbiegung zur Betonkehre
vor einer Dreigruppe, die von Dieter Noisternig (Elva) angeführt wurde.
Piers Courage (Lotus) vor Jean Claude Franck (Cooper).
Doch das Bild täuscht. Jean-Claude Franck ist hier schon bei der
Überrundung.
Wagen der Formel 3 in Anfahrt zur Rechtskurve Streckenabschnitt Aschenschlag.
Rennen 8: Formel 2
Im Training zeigte sich, dass die neue
Formel 2 noch nicht auf dem Leistungsniveau der ehemaligen Formel Junior war.
Obwohl die Formel Junior 10 PS weniger leistete, profitierte sie von einem
Gewichtsvorteil der bei ca. 20 kg lag. Der Lola von David Hobbs war sehr
schlecht vorbereitet. Er schaffte nicht einmal eine von fünf vorgeschriebenen
Trainingsrunden. Trotzdem wurde er zum Start zugelassen. Einen vielbeachteten
Monoposto brachte Abarth zur Südschleife. Der Wagen wurde von der Scuderia
Sorocaima gemeldet. Diese Renngemeinschaft hatte Juan Manuel Fangio gegründet.
Dem Abarth fehlten 20 PS zur Spitze. Abarth-Versuchsleiter Klaus Steinmetz
konnte den Fehler und damit die fehlenden 20 PS bis zum Rennen nicht ausfindig
machen. Im Programmheft war Gerhard Mitter mit der Startnummer 13 angekündigt
worden. Ob es an dieser Startnummer lag? Bei Probefahrten entwickelte der Motor
im Lotus starke Schwingungen, die nicht behoben werden konnten. Daher
verzichtete Gerhard Mitter auf den Start. Die Pole-Position fuhr Jim Clark mit
einer Zeit von 3:12,8 Minuten.
Zur Irritation der übrigen Fahrer durften Jim Clark, Mike Spence und Richard Attwood am Sonntag noch einige
Abstimmungsrunden vor dem Rennen drehen. Den anderen Fahrern wurde dies
verwehrt. Den besten Start hatte Richard Attwood und tauchte als erster im
Streckenabschnitt Bränke Kopf auf. Im Verlauf der ersten Runde wurde er von Jim
Clark überholt. Es folgten Jochen Rindt, Mike Spence und Tony Maggs. Jim Clark
baute in den folgenden Runden seinen Vorsprung immer weiter aus. Bis zur 10
Runde hatte er eine Vorsprung von 23 Sekunden herausgefahren. Ihm folgte Richard
Attwood, der wiederum einen beruhigenden Vorsprung auf das Verfolgertrio hatte.
Bis zur 7. Runde zeigten Jochen Rindt, Mike Spence und Tony Maggs
tolle Positionskämpfe. Eingangs der Nordkehre kam Tony Maggs in der 7. Runde auf
den Randstreifen, beschädigte seinen Lola und schied aus. In der 8. Runde
stellte Peter Procter seinen Lotus mit Aufhängungsschaden ab. Im Zweikampf Rindt
vs. Spence konnte sich Mike Spence durchsetzen und fuhr einen Vorsprung heraus.
Jim Clark siegte mit 10 Sekunden vor Richard Attwood. Mike Spence überfuhr die
Ziellinie mit 12 Sekunden Rückstand als Dritter. Die folgenden Fahrer hatten
jeweils 1 Minute Rückstand zum Vordermann. Der beste Deutsche Kurt Ahrens jr.
kam als Fünfter ins Ziel.
Jim Clark fuhr die schnellste Runde in 3:07,1 Minuten. David Hobbs, der im
Training nicht eine vollständige Runden gefahren war, wurde mit 2 Runden
Rückstand als Achter gewertet.
Der Sieger des Formel-2-Rennes Jim Clark auf Lotus 32.
Richard Attwood (Lola T54) kam 10 Sekunden nach Jim Clark als Zweiter ins Ziel.
Streckenabschnitt Bränke Kopf
#4 Tony Maggs, Lola T54
#2 Mike Spence, Lotus 32
#16 Kurt Ahrens jr., Cooper T65
Kurt Ahrens jr. belegte mit seinem Cooper T65 den fünften Platz.
Giacomo "Geki" Russo (Abarth 232)
Peter Procter musste seinen Lotus 27 mit einem Defekt abstellen.
Am rechten Streckenrand steht ein havarierter Wagen.
Ein strahlender Sieger nach dem Rennen: Jim Clark.
Weitere Informationen und Bilder zur Südschleife und zum Eifelrennen gibt es in den Büchern:
Für die Bilder und Informationen zum Eifelrennen 1964 bedanken wir uns bei:
- P. Dasse
- Walter Kotauschek
Quellen: auto mobil sport, automobil, auto motor sport, Tageszeitung, das motorrad, Programmheft
Veröffentlichung: 22. Februar 2010
Letzte Aktualisierung: 5. Februar 2022
Copyright: Burkhard Köhr